„Ja, das Glas kostet ...“
„Glas? Ich brauche doch die Tinte.“
„Verstehe.“ Laurents Blick flackerte zur Magierin bevor er wieder mit Argusaugen Maystera beobachtete.
„Wolltest du sie nicht suchen?“
Laurents Hände krampften sich zusammen. Er wollte die Magierin mit ihrer Sphinx unter keinen Umständen alleine in seinem Verkaufsraum lassen.
Die Sphinx hatte inzwischen ein Spinnennetz an der Decke über dem Regal gefunden. Mit einem Satz landete sie auf dem obersten Regalbrett.
„Hörst du mir überhaupt noch zu?“
„Wie ...? Natürlich, die Tinte.“
Nijana schnaubte ungalant. „Hast du die versprochene Tinte zur Hand? Ja oder Nein? Und erspare mir irgendwelche Ausreden, sonst wird ein zerbrochenes Käferglas das Letzte sein, worüber du dir Sorgen machen musst.“
„Glühwürmchen.“
Die Magierin erhob warnend die Hand.
„Die Sache ist die, ich hatte die Tinte bereits hier, aber durch unglückliche Umstände ...“
„Ich kann auch einen Wahrheitszauber an dich wirken … für immer.“
Laurent schluckte trocken.
Maystera wackelte mit dem Hinterteil. Ihren Bauch drückte sie auf das Brett und die Rückseite streckte sie in die Höhe. Die Flügel waren angelegt. Einem unhörbaren Startschuss folgend stieß sie sich ab und schnappte sich die Spinne direkt aus ihrem Netz. Das Regal schwankte und Gläser, weitere Bücher und Skulpturen fielen scheppernd zu Boden.
Laurent zuckte zusammen. Er überflog den Schaden, den dieses Ungetier angestellt hatte, und schrieb bereits eine Rechnung für die Magierin.
Nijana gab sich von Maysteras Eskapaden unbeeindruckt und starrte Laurent an. „Ich warte.“
Hektisch schaute er zu Nijana. Ihr Blick ließ ihm die Ohrspitzen abfrieren. „Verkauft …“, krächzte Laurent.
„Du hast was?“
„Ich habe die Tinte verkauft.“
„Du hast von mir eine Anzahlung genommen, damit du die Tinte beschaffen kannst und hast sie dann an jemand anderen verkauft!“
Nijanas Stimme erreichte eine Höhe, die Laurent in den Ohren schmerzte. Sein Verkaufsraum erschien ihm unwillkürlich zu klein.
Maystera mauzte und ließ die Spinne wieder aus ihrem Maul. Diese krabbelte hektisch Richtung Regal.
Nijana schaute auf Maystera. Ihre schmalen Lippen verzogen sich. „Weißt du, wozu ich diese Tinte benötige?“
„Für einen Zauber.“
„Nicht für irgendeinen Zauber. Einen, um dieses kleine Biest unter Kontrolle zu bringen.“ Nijana zeigte auf ihre Katze.
Maystera schnurrte und strich Laurent um die Beine.
„Ich verstehe.“ Laurent bückte sich zur Sphinx runter und kraulte sie hinter den Ohren. Maystera packte seine Hand mit ihren Krallen und Biss hinein.
„Ahhh ...“ Laurent unterdrückte einen Schmerzensschrei und versuchte, seine Hand zurückzuziehen. Aber wie ein kleiner Oger hielt Maystera sie gefangen.
Nijana seufzte: „Langsam verstehst du, was ich meine.“
Immer noch in Maysteras Fängen keuchte Laurent: „Sag deinem Biest, es soll meine Hand loslassen.“
„Maystera, Nein!“
Maystera spitzte die Ohren, schaute zu ihrer Besitzerin.
Laurent nutzte diesen Moment der Ablenkung und entzog sich Maysteras Griff. Blut quoll aus seinen Wunden.
„Siehst du. Das wäre nicht passiert, hättest du mir wie vereinbart die Tinte beschafft.“
Laurents Schultern sackten zusammen.
„Ich würde damit zu einer Heilerin gehen. Maysteras Verletzungen tendieren dazu sich zu entzünden.“
„Weißt du was eine Heilerin kostet?“
„Nicht so viel wie ich dir für die Tinte gegeben habe. Deine Geldbörse wird es verkraften.“
Laurent strich die Kosten der Heilerin in Gedanken von seinem Vermögen.
„Jetzt mal Sternschnuppen beiseite. Du hast die Tinte nicht. Du wirst sie wohl auch nicht heute noch beschaffen. Wie lange dauert es bis du die Tinte hast?“
Laurent schluckte. „Ich denke … eine Woche.“
„Dann komm ich einer Woche wieder.“
Nijana drehte sich um.
Laurent seufzte erleichtert. Das Ganze hätte viel schlimmer enden können.
„Ach und Laurent ...“
„Ja?“
„Maystera bleibt so lange bei dir, als kleiner Ansporn ... damit du die Tinte nicht wieder ... mhm, verlegst!“
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