Ella folgte ihm dem Trampelpfad entlang. Bei der Gabelung wartete Dimitri auf sie. „Loren kommt gleich. Sie musste kurz für kleine Alphawölfinnen.“
Während des ganzen Weges dachte sie an das Buch. Das Geplänkel ihrer Freunde verschwamm zu einem Rauschen. Als ich in die Höhle stieg, dachte ich, ich werde das Böse besiegen. Aber ich war das Böse. Wie konnte ich es nicht sein, wenn ich in sein Reich eindrang und ihn tötete?
War es nicht genau das, was sie und ihre Freunde getan hatten? Sie waren in sein Reich eingedrungen. Warum? Weil die Dorfbewohner Angst hatten. Aber hatten sie wirklich Beweise für seine Schandtaten gesehen? War es nicht viel mehr die Belohnung, die sie gelockt hatte?
Loren trat zu ihr. „Worüber grübelst du nach?“
„Was uns die Dorfbewohner über ihn erzählt haben. Weißt du das noch?“
„Über wen?“
„Na, Silvinar.“
„Du meinst den Magier. Du solltest dieses Buch verbrennen. Es spielt mit deinem Geist. Gestern haben wir einen Sieg errungen, den es zu feiern gilt.“
„Hast du nie Angst, dass uns das Gleiche widerfährt?“
„Jedes Mal, wenn ich das Schwert ziehe, weiß ich, dass ich dabei sterben kann.“
„Ich meine, hast du nie Angst davor, dass wir irgendwann für so mächtig gehalten werden, dass man uns genau so fürchtet wie Silvinar, ohne dass wir jemals etwas Böses getan haben?“
„Nenn ihn nicht so“, forderte Loren.
„Warum nicht? Weil ein Name ihn zu einer Person macht?“
Loren blieb stehen. „Weil Namen Macht haben. Du solltest das am besten wissen.“
Mit diesen Worten stürzte Loren an Ella vorbei.
Ella sinnierte über Lorens Worte nach. Fürchtete sie sich, dass Silvinar zurückkommen würde?
In der Ferne sah sie Rauch aufsteigen. Nicht mehr lange und sie wären wieder im Dorf. Eine warme Mahlzeit, die aus mehr als nur einer wässrigen Suppe bestand, wäre der reinste Segen. Anschließend in ein weiches Bett und bei Kerzenschein das Buch lesen. Sie hörte, wie Dimitri und Edvard ihr nächstes Abenteuer planten.
„Die Bauern auf der anderen Seite des Flusses wären froh, wenn wir etwas gegen die Eulenbären unternehmen könnten“, sagte Dimitri zu Edvard.
„Aber die Eulenbären werden immer ein Problem sein. In der Stadt gibt es ein Spektakel mit einem Wettbewerb. Wenn ich dort Gewinne ... der Preis sind tausend Goldmünzen und eine Audienz beim Stadtrat.“
Dimitri verzog das Gesicht. „Aber es ist die Stadt. Es ist laut, die Einwohner sind gestresst und unfreundlich. Können wir den Bauern helfen? Der Preis ist gering, aber ...“
„Ich komme nicht mit.“
Alle drei drehten sich zu Ella um.
Ella zuckte hilflos mit den Schultern. „Ich möchte mich gerne ein paar Tage ausruhen.“
„Du meinst lesen?“ Loren schnaubte durch die Nase.
„Ja, auch lesen, aber nicht nur.“
Edvard machte einen Schritt auf sie zu. „Sondern?“
„Nachdenken. Zu meiner Göttin beten und vielleicht ...“
„Vielleicht was?“, fragte Edvard.
„Vielleicht stelle ich ein paar Nachforschungen zu Silvinar an.“
„Wieder dieser Magier.“ Loren wandte sich ab und ging weiter.
Edvard sah hilflos zwischen den beiden Frauen hin und her und entschied sich dann dafür, Loren zu folgen.
Ella schaute flehend zu Dimitri. „Aber du verstehst mich?“
„Ich wünschte, ich täte es.“
Ella ließ den Kopf hängen. „Ich muss sicher gehen, dass wir nicht unrecht getan haben.“
„Und wenn es so wäre?“
Ella schwieg.
Dimitri ergriff sie am Ellenbogen und leitete sie an, weiterzulaufen. „Vielleicht wissen die Bauern etwas zum Magier.“
„Dimitri, ist das einer deiner schamlosen Versuche mich von deiner Quest zu überzeugen?“
Dimitri grinste verschmitzt. „Vielleicht.“ Er schaute sie beim Gehen von der Seite an. „Komm, du weißt, wie unsere Truppe funktioniert. Wir helfen uns gegenseitig. Wir machen keine Alleingänge. Fang jetzt nicht damit an.“
„Loren wird dem nicht zustimmen.“
„Lass Loren meine Sorge sein.“
Ella nickte.
„Also, kommst du mit zu den Bauern?“
„Wenn du danach in die Stadt mitkommst.“
„Sofern es noch notwendig ist.“
Ella nickte zur Bestätigung und Dimitri grinste über beide Ohren.

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