„Ihr werdet mich nie besiegen.“ Der Magier kicherte wild und schwang seinen Stab wie eine Keule über dem Kopf. Seine Augen fielen beinahe aus ihren Höhlen und seine Haare standen wirr ab.
Ella schrie: „Dimi, pass auf.“
Dimitri ließ sich zur Seite fallen. Der Blitz schlug nur wenige Zentimeter neben ihm ein. Das Knistern stellte seine Haare auf. Er gönnte sich keine Verschnaufpause, rückte sein Hirschgeweih zurecht und beschwor im Liegen eine Dornenranke, die aus seinem Unterarm wuchs. Wie eine Schlange kroch sie auf den Magier zu, umwickelte dessen Füße und kletterte seinen Körper entlang nach oben. Zwischen zusammengepressten Zähnen stieß Dimitri hervor: „Loren, jetzt!“
Loren schwang ihre Streitaxt und rannte auf ihren Gegner zu.
„Ihr niederen Kreaturen ... mphfp.“ Eine Dornenranke hielt ihn davon ab, den Satz zu beenden.
Loren sprang. „Aaaahhh!“, schrie sie. Mit einem Schlag zerteilte sie den Magier in zwei Hälften.
Dimitri ließ seinen Rankenzauber verfallen.
Ella machte einen Schritt auf Loren zu und schaute auf den Leichnam. „Ist er tot?“
„Wenn er kein Nekromant ist, oder sonst etwas Unheiliges, sollte er tot sein“, keuchte Edvard.
Loren strafte ihn mit einem missbilligenden Blick. „Wo hast du dich wieder verkrochen?“
Edvard hob entschuldigend die Hände. „Ich? Ich habe dafür gesorgt, dass du motiviert bist für deinen tödlichen Schlag.“
„Das behauptest du immer, Barde, aber ich glaube, das war ich ganz alleine.“
Ella machte einen Schritt zwischen die beiden Streithähne. „Ich glaube, es ist nicht an der Zeit zu streiten. Ist jemand von euch verletzt? Braucht wer Heilung? Oder eine Beere zur Stärkung?“
Dimitri kramte in seiner Tasche. „Ich habe für heute noch fünf Stück .“ Er hielt jedem eine hin, der Rest verstaute er wieder.
Ella nahm die Beere dankend entgegen und aß sie. Das Hungergefühl verschwand augenblicklich.
„Ein winziger Heilzauber wäre hilfreich, er hat mich mit einem Blitz ganz schön erwischt.“ Loren zeigte auf eine blutige Schramme an ihrem Arm.
Ella nickte. „Das haben wir gleich.“ Sie hielt ihr Amulett an die Stirn und fing an zu beten.
Die Wunde schloss sich und es blieb rosafarbene Haut zurück. Ehrfürchtig strich Loren über ihren Arm. „Danke.“
„Hey, Edvard, was hast du da?“, fragte Dimitri.
Edvard hob strahlend einen Beutel hoch und bewegte ihn. Das unverkennbare Klimpern von Münzen erfüllte das Gewölbe.
„Das muss ein halbes Vermögen sein.“ Auf Dimitri breitete sich ein zufriedenes Grinsen aus.
„Damit kaufe ich mir die Axt, auf die ich schon lange ein Auge geworfen habe.“ Loren nickte zufrieden.
Dimitri schnaubte durch die Nase. „Das Gold wird fair aufgeteilt. Jeder bekommt den gleichen Anteil.“
Loren verschränkte ihre Arme. „Ich bin dafür, dass jeder den Anteil bekommt, den er zum Sieg beigetragen hat.“ Ihr Blick durchbohrte Edvard.
„Jetzt hört auf! Wir sind Freunde, schon vergessen?“, schimpfte Ella. „Es ist bestimmt genug für alle da. Edvard, hat der Magier sonst noch etwas bei sich gehabt?“
Edvard untersuchte den Leichnam. „Unter seinem Hemd hatte er ein abgegriffenes Buch versteckt.“
Ella streckte die Hand danach aus. „Interessant. Zeig mal her.“ Sie studierte den Einband. Schweres Leder mit Goldprägung.
Loren beugte sich über ihre Schulter. „Kannst du es lesen?“
Ella fuhr mit den Finger die Ziffern nach. „Der Weg“, hauchte sie.
„Was für ein dämlicher Name für ein Buch.“ Dimitri zog eine Grimasse.
Ella schlug die erste Seite auf und las stumm für sich. Die Worte auszusprechen wagte sie nicht. Es war gut möglich, dass der Magier einen Zauber zwischen den Zeilen versteckt hatte.
Du musst verstehen, ich war nicht immer so. Das Leben hat mich zu dem gemacht. Ich bin nicht weniger ein Produkt meiner Umgebung, als dass ich sie geformt habe.
„Was steht drin?“, fragte Edvard.
„Selbstmitleidsbekundungen“, antwortete Ella.
Loren steckte ihre gesäuberte und polierte Waffe zurück. „Wir sollten uns auf den Rückweg machen. Ich will nicht länger als nötig in diesem Gewölbe bleiben. Weiß der Teufel, was für Monster wir mit unserem Kampf angelockt haben.“
Niemand widersprach ihr.
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