„Schatz?“
„Mhm ...“ Henry drehte sich grummelnd auf die Seite und zog sich die Decke über den Kopf.
„Schatz!“ Rosa rüttelte an der Schulter ihres Mannes.
„Was ist?“ Er schlug die Decke zurück. Trotz der Finsternis im Schlafzimmer sah Rosa sein Augenrollen.
„Ich habe gerade einen Ork am Fenster vorbeigehen sehen!“
„Red keinen Unsinn.“ Henry schloss die Augen wieder.
„Doch, wirklich. Mit Hauer, Fackel und Axt. Grün war er auch. Wie bei Herr der Ringe.“ Rosa tippte ihren Mann an. „Hörst du mir überhaupt zu?“
„Mhm.“
„Schaaahhtz!“
„Mhm.“
„Hast du mir zugehört?“
„Ja, du hattest einen Alptraum, weil du wieder Herr der Ringe geschaut hast.“
„Dann halt nicht!“ Rosa schwang die Beine aus dem Bett.
Henry setzte sich auf. „Es gibt keine Orks! Und in Herr der Ringe sind Orks auch nicht grün!“
„Aber ich habe doch einen gesehen!“ Beim Aufstehen schnappte sie sich den Morgenmantel auf dem Stuhl und warf sich diesen über.
„Du hast geträumt.“
Rosa warf ihm einen ihrer langen Blicke zu.
„Vielleicht hat sich jemand verkleidet! Ist nicht bald Fasching?“, versuchte Henry die Situation zu retten.
„Ich bin nicht dumm! Wenn ich sage, dass ich einen Ork gesehen habe, dann habe ich einen gesehen. Es war kein Traum und bestimmt auch niemand, der sich verkleidet hat!“
„Das wollte ich damit nicht sagen.“
„Klar wolltest du das nicht!“, fauchte sie ihn an. Mit eiligen Schritten ging sie zur Tür.
„Liebling, sei nicht albern und komm zurück ins Bett.“
Rosa hielt kurz inne. Wenn sie das Schlafzimmer jetzt verließ, dann würde sich ihr Mann bestimmt umdrehen und weiterschlafen. Und sie? Sie würde den Rest der Nacht unschlüssig auf dem Sofa sitzen und nachdenken. Auf jeden Fall würde sie kein Auge mehr zu tun.
Henry klopfte neben sich aufs Bett.
Rosa seufzte und gab sich einen Ruck. Sie verkniff sich einen bissigen Kommentar und kroch unter die Decke. Henry legte den Arm um sie und seine regelmäßigen Atemzüge bewiesen, dass er bereits wieder weg war. Durch zusammengekniffene Augen beobachtete Rosa den Vorgarten, bis auch sie wieder einschlief.

*
Aus dem Wohnzimmer drang Gelächter. Rosa beeilte sich das Tablett mit Snacks und Getränken zu beladen. Sie wollte nicht die Geschichten ihrer Nachbaren verpassen.
„So, da bin ich wieder, was habe ich verpasst?“ Rosa schaute sich in der Runde um. Ihr Mann saß mit dem befreundeten Pärchen zusammen auf dem einladenden Sofa. Umsichtig stellte sie das Tablett auf dem Beistelltisch ab.
„Ginger hat erzählt, wie sie sich todesmutig einem Einbrecher gestellt hatte, der sich dann als kleine harmlose Maus entpuppte.
„Ihr habt Mäuse im Haus?“ Rosa verzog angewidert die Mundwinkel.
„Ja, unsere Katze bringt hin und wieder welche nach Hause. Diese war wohl noch lebendig.“ Ginger machte eine wegwerfende Handbewegung.
„Oh, wie schrecklich!“
„Naja, wir haben die Maus dann nach draußen begleitet.“
Rosa behielt ihre Gedanken für sich. Sie hätte wohl eher das ganze Haus von einem Kammerjäger durchchecken lassen. Aber es war zum Glück nicht ihr Problem.
Henry räusperte sich. „Apropos, das erinnerte mich gerade daran, dass Rosa kürzlich einen Alptraum hatte.“
„Ach Schatz ... Bitte nicht!“, intervenierte Rosa.
Henry setzte gerade an, etwas zu sagen, doch Paul kam ihm zuvor: „Wenn deine Frau nicht will, dann lass es gut sein.“
Rosa war dankbar um Pauls Einwand. Ihr Mann schoss manchmal im Eifer des Gefechts über das Ziel hinaus.
„Ist ja schon gut, aber es würde einen Ork beinhalten“, stachelte Henry den Besuch auf.
Fortsetzung folgt …
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